Alternativmethoden für Tierversuche

Plattformleiterinnen: Dr. Annette Bitsch und Dr. Katherina Sewald

Fraunhofer auf dem Weg zu prädiktiven Modellen der Zukunft

Tierversuche sind »mit vernünftigem Grund« zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen in der Grundlagenforschung und in der biomedizinischen Forschung zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten bei Menschen und Tieren zulässig. Sie werden auch in der regulatorischen Toxikologie bei gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen von Produkten (z. B. Chemikalien oder Arzneistoffe) gefordert; in jedem Fall ist zu prüfen, »ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann«. Diese anderen Methoden oder Verfahren werden häufig als »Alternativmethoden« bezeichnet. Sie umfassen im engeren Sinne vor allem Ansätze, die Tierversuche ersetzen. Aber auch Ansätze, die Tierversuche reduzieren oder verbessern, zählen dazu.

 

Alternativmethoden als integraler Bestandteil der Forschung

Alternativmethoden sind ein wichtiger, integraler Bestandteil der Forschung. Das führt jedoch nicht zwangsläufig zum vollständigen Ersatz von Tierversuchen. Vielmehr existieren diese Ansätze parallel und/oder komplementär zueinander. Zudem können (bislang) nur die wenigsten Tierversuche komplett durch Alternativmethoden ersetzt werden.

Es existiert eine Vielzahl an Methoden oder Verfahren, um die Verwendung von Tieren in Experimenten zu vermeiden, zu reduzieren oder das erwartete Leiden der Tiere zu mildern. Diese alternativen Methoden oder Verfahren basieren z. B. auf Computermodellen, Zell- und Gewebekulturen, der Verwendung von alternativen Organismen oder auf der Verbesserung von Tierversuchen. Dennoch gibt es einen enormen Bedarf, z. B. an prädiktiven computergestützten Modellen oder an Testsystemen, die das komplexe Krankheitsgeschehen im Patienten vorhersagen. 

 

© Fraunhofer ITEM | Katherina Sewald
Aufbau- und Entwicklungsplan, inklusive der einzelnen Arbeitspakete, für die Kompetenzplattform.

 

Entwicklung, Umsetzung und Anwendung von Alternativmethoden

Die Fraunhofer-Kompetenzplattform »Alternativmethoden für Tierversuche« will als Forum dienen, um Diskussionen zwischen verschiedenen Interessengruppen wie Behörden, Industrie und Politik zu fördern und gleichzeitig neue Ideen zu generieren, die die Akzeptanz und Umsetzung von Alternativmethoden erleichtern. Das wird unter anderem durch die Förderung von kleinen Projekten zu neuen fortschrittlichen Alternativmethoden unterstützt. Sie soll auch der Durchführung von weiteren Studien (z. B. mit Industriekonsortien) oder der gemeinsamen Antragstellung in EU- oder BMBF-Ausschreibungen dienen. Darüber hinaus stellt die Kompetenzplattform »Alternativmethoden für Tierversuche« zuverlässige Information über Alternativmethoden für Wissenschaft, Philosophie und öffentliche Politik zur Verfügung.

Die Fraunhofer-Kompetenzplattform »Alternativmethoden für Tierversuche« soll die regulatorische Diskussion, Beratung und Entwicklung von Entscheidungshilfen für Alternativmethoden fördern. Fraunhofer soll wahrnehmbar und sichtbar in der wissenschaftlichen Gesellschaft etabliert werden.

Am IGB, IME, ITEM, ITMP, ISC, und IZI sind zahlreiche Alternativmethoden vor allem zu akuten und chronischen Immunerkrankungen vorhanden. Das schließt Organe wie Herz, Leber, Niere, Haut, Darm und Lunge ein, die für Wirksamkeits- und Sicherheitstestung genutzt werden können. Aber auch Alternativmethoden zur Sicherheitsprüfung von Chemikalien und Arzneistoffen sind stark vertreten. Diese Kompetenzen werden in die Plattform implementiert.

 

Ausblick

Die nächsten Schritte dienen dem Aufbau der Fraunhofer-Kompetenzplattform »Alternativmethoden für Tierversuche«. Dazu werden Vertreter aus verschiedenen Interessengruppen einbezogen, Meetings in Form eines offenen Expertenaustauschs durchgeführt und die Zusammenarbeit zwischen den Partnern an konkreten Beispielen diskutiert. Zudem sollen Potenziale und Synergien innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft erkannt und gefördert werden.

Der Forschungsbedarf ist in diesem Feld riesig. So gibt es derzeit einen großen Bedarf bei der Entwicklung von computergestützten Verfahren, bei der Entwicklung von immun-kompetenten Modellen und bei der Entwicklung von komplexen Modellen.