Inter- und transdisziplinäre, institutsübergreifende Veranstaltung im Rahmen eines BMFTR-geförderten Projekts
Die vom BMFTR finanzierte Summer School im Rahmen der Fraunhofer CIMD Nachwuchsförderung fand vom 22. bis 24. September 2025 in Berlin statt.
Die dreitägige Summer School widmete sich Geschlechterunterschieden und Datenlücken, mit besonderem Fokus auf klinische Forschung und immunvermittelte Erkrankungen. Darüber hinaus bot sie ein breites Spektrum an Themen und Perspektiven. Zu den Teilnehmenden zählten Promovierende, Postdocs und Nachwuchsforschende aus Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer-Gesellschaft und dem Cardio-Pulmonary Institute sowie von Universitäten und medizinischen Zentren aus ganz Deutschland – darunter Leipzig, Rostock, Frankfurt am Main, Potsdam, Bonn, Hannover, Berlin und Greifswald.
Im Verlauf der Veranstaltung wurden hochwertige Beiträge von internen und externen Experten und Expertinnen präsentiert. Die Teilnehmenden stellten eigene Projekte vor, diskutierten aktuelle Herausforderungen und tauschten sich intensiv aus. Spezielle Networking-Sessions förderten zukünftige Kooperationen und den Ausbau professioneller Netzwerke.
Tag 1
Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte die Geschäftsstelle des Fraunhofer CIMD die Teilnehmenden der Summer School und stellten das Forschungscluster und die Ziele der Nachwuchsförderung sowie die einzelnen Programmpunkte kurz vor. Im Anschluss sorgte eine interaktive Kennenlern-Runde für einen lebendigen Auftakt: Mithilfe eines Bingo-Fragebogens kamen die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch – über persönliche Interessen ebenso wie über ihren Forschungsalltag. Diese Aktivität schuf eine offene und entspannte Atmosphäre, die den weiteren Austausch erleichterte.
Der erste Vortrag der Fraunhofer CIMD Summer School wurde von Prof. Dr. phil. Lisa Malich, Professorin für Wissensgeschichte der Psychologie an der Universität zu Lübeck und Mitglied des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1665 Sexdiversity, gehalten. Unter dem Titel »Is gender still binary? Or the many facets of gender« beleuchtete sie verschiedene theoretische Konzepte zu Geschlecht, gab einen Überblick über zentrale Forschungsthemen und stellte die interdisziplinäre Struktur des SFB 1665 vor.
Nach der Mittagspause – die gleichzeitig Gelegenheit zum Netzwerken und informellen Austausch bot – präsentierte die erste Hälfte der Teilnehmenden ihre Forschungsprojekte in kurzen Drei-Minuten-Pitches. Diese kompakten Vorstellungen dienten dazu, die jeweiligen Forschungsvorhaben kennenzulernen und die Basis für vertiefte Diskussionen in den späteren Poster-Sessions zu schaffen.
Im Anschluss sprach Prof. Dr. Gertraud Stadler, Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung und Leiterin des Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité Berlin. In ihrem Vortrag »Gender- and diversity-sensitive approaches in science and health« betonte sie die Bedeutung, Heterogenität in der Medizin zu berücksichtigen, und ging auf bestehende Herausforderungen durch anhaltende Geschlechter- und Diversitäts-Datenlücken ein. Sie stellte praxisorientierte Instrumente wie das Diversity Minimal Item Set (DiMIS) vor, das inklusive Forschungspraktiken unterstützt, und zeigte Anwendungsbeispiele aus aktuellen Forschungsprojekten.
Nach einer kurzen Kaffeepause präsentierte die zweite Hälfte der Teilnehmenden ihre Projekte in weiteren Drei-Minuten-Poster-Pitches. Daran schloss sich ein interaktives Austauschforum und eine Poster-Session an, die Raum für vertiefte Diskussionen über Forschungsthemen, Ideen und Herausforderungen bot.
Zum Ausklang des ersten Tages lud ein gemeinsamer Grillabend zu informellem Austausch und weiterem Networking in entspannter Atmosphäre ein.
Tag 2
Der zweite Tag der Summer School begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Marcus Altfeld, Wissenschaftlicher Direktor und Leiter der Abteilung Virusimmunologie am Leibniz-Institut für Virologie in Hamburg sowie Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. In seinem Vortrag »Sex Differences in Immune Response« beleuchtete er geschlechtsbedingte Unterschiede bei Immun- und Infektionserkrankungen und ging dabei auf die Rolle der Geschlechtschromosomen und Hormone ein, ebenso wie auf Unterschiede bei HIV-1-Infektionen und auf den Einfluss geschlechtsangleichender Testosterontherapien auf die Immunantwort.
Die beiden folgenden Vorträge unterstrichen insbesondere die klinische Bedeutung geschlechtersensibler Forschung. PD Dr. Michaela Köhm, Rheumatologin am Universitätsklinikum Frankfurt und Leiterin der Forschungsgruppe Entzündungsmedizin und des Innovationsbereiches 4D-Entzündungsklinik am Fraunhofer ITMP, sprach über immunvermittelte Erkrankungen wie Lupus erythematodes und Psoriasis-Arthritis und beleuchtete diagnostische Herausforderungen sowie geschlechtsspezifische Unterschiede in Therapie und Krankheitsverlauf. Prof. Dr. Irina Blumenstein, Gastroenterologin am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, widmete sich dem Gender Data Gap bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und zeigte Unterschiede in Diagnostik, Behandlung und Lebensqualität auf.
Nach der Mittagspause hielt Philipp Schrögel, Gastwissenschaftler an der TU Chemnitz und Experte für Wissenschaftskommunikation, einen interaktiven Vortrag zum Thema »Partizipative Forschung«. Er stellte einen im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts PartWiss entwickelten Praxisleitfaden vor, der Forschende bei der Umsetzung partizipativer Ansätze unterstützt. Zudem thematisierte er typische Verzerrungen in der Wissenschaftskommunikation – etwa im Hinblick auf Alter, Bildung, Geschlecht oder Werte – und betonte die Bedeutung inklusiver Kommunikationsstrategien.
Anschließend sprach Dr. Clemens Striebing, Senior Researcher am Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO und Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin, über Gender Bias in Ingenieur- und Technikwissenschaften. Nach einer Einführung in zentrale Konzepte und der Vorstellung mehrerer Fallstudien zu Gender Bias in Forschung und stellte er aktuelle Strategien zur Integration von Geschlechterperspektiven in Ingenieurwesen und Technologie vor.
Darauf folgte eine interaktive Podiumsdiskussion, moderiert von Inga Bergen, Expertin für digitale Gesundheit und Innovationen. Auf dem Podium sprachen Dr. Felicitas Muth (Wissenschaftliche Beraterin bei VDI/VDE-IT), Jutta Klauer (Associate Director Strategic Digital Partnership, MSD Idea Studio) und Katherine Ossenkopp (Country Manager, Future4Care). Diskutiert wurden Themen wie Gründung, Innovation und Forschung – im Hinblick auf den Gender Data Gap, aber auch darüberhinausgehend.
Nach einer kurzen Kaffeepause stand eine Karriere-Session für Nachwuchsforschende auf dem Programm. Dr. Anna-Lena Beerlage, tätig im Bereich Medical Affairs bei Pfizer, hielt einen inspirierenden Vortrag über Karriereperspektiven. Sie gab einen Überblick über verschiedene Berufsfelder und Schlüsselrollen in der pharmazeutischen Industrie sowie über berufliche Möglichkeiten jenseits des klassischen Pharmasektors.
Zum Abschluss des Tages machte sich die Gruppe zu Fuß auf den Weg zum Campus Charité Mitte, wo eine geführte historische Tour über das Gelände stattfand.
Tag 3
Dr. Carina Vorisek, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berlin Institute of Health, eröffnete den letzten Veranstaltungstag mit einem aufschlussreichen Vortrag unter dem Titel »Gender Data Gap & AI – Fairness in AI Applications«. Sie stellte zunächst das Potenzial von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen sowie die Risiken von Bias (Verzerrungen) vor. Anschließend ging sie auf den Gender Data Gap im Bereich der digitalen Gesundheit ein, skizzierte Strategien für mehr Inklusion in der klinischen Forschung und betonte zum Abschluss die Bedeutung der FAIR-Datenprinzipien, Interoperabilität und standardisierter Rahmenbedingungen für eine gerechte Datennutzung.
Darauf folgte Juliana Schneider, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, mit einem Vortrag über das Potenzial von N-of-1-Studien als Studiendesign zur Untersuchung geschlechtsspezifischer und individueller Unterschiede. Sie stellte N-of-1-Studien als wertvolle Ergänzung zu randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) vor – insbesondere für die Analyse von individuellem (Therapie-)Ansprechen und spezifischer Subgruppen – und schloss mit einer kurzen Vorstellung von StudyU, der ersten Open-Source-Plattform für digitale N-of-1-Studien.
Nach der Mittagspause fand der letzte Vortrag der Summer School statt. Prof. Dr. Anna Kollenberg, Trainerin und Beraterin in den Bereichen Wissenschaftskommunikation, wissenschaftliches Arbeiten und analytisches Denken, sprach über interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie erläuterte zunächst zentrale Konzepte wie Inter-, Trans-, Cross- und Multidisziplinarität und stellte anschließend Strategien für eine effektive Kommunikation vor. Dabei hob sie insbesondere Storytelling als Methode hervor, um gemeinsames Verständnis und Austausch zu fördern.
Zum Abschluss hatten die Teilnehmenden im Rahmen einer interaktiven Reflexionsrunde die Gelegenheit, zu diskutieren, wie sich die im Laufe der Summer School gewonnenen Erkenntnisse auf die eigenen Projekte anwenden lassen. Dabei wurde kritisch reflektiert, wo Potenzial für geschlechts- und genderspezifische Forschung besteht, in welchen Bereichen diese Perspektiven stärker berücksichtigt werden sollten und wo bereits gute Beispiele existieren.
Die Fraunhofer CIMD Summer School erwies sich insgesamt als eine erfolgreiche Fortsetzung der Bestrebungen des Forschungsclusters, Nachwuchsforschende zu fördern. Sie bot Raum für interdisziplinären Austausch und Vernetzung über Projekt- und Institutionsgrenzen hinweg. Das Forschungscluster bedankt sich herzlich beim BMFTR für die Förderung dieser Summer School, bei allen Referentinnen und Referenten für die spannenden Impulse sowie den Teilnehmenden für ihre vielfältigen Projekteinblicke und aktive Beteiligung.