Instituts- und institutionsübergreifende inter- und transdisziplinäre Ausbildung entlang der 4D

Vom 12. bis 15. September 2023 fand in Leipzig die Summer School im Rahmen der Fraunhofer CIMD Nachwuchsförderung statt.

Teilnehmende der Fraunhofer CIMD Summer School während der Vortragsreihe »Drugs«.
Während der Poster-Session bot sich die Gelegenheit eigene Projekte vorzustellen und fachübergreifend zu diskutieren.
© © Fraunhofer CIMD | Christian Schneider-Broecker
Während der Pausen nutzen die Teilnehmenden die Zeit um Projektideen mit einander auszutauschen und mögliche Anknüpfungspunkte für zukünftige Kooperationen, sei es für das eigenen Projekt oder darüber hinaus, zu diskutierten.

Die viertägige Summer School orientierte sich an den vier großen Themenfeldern der Fraunhofer-Gesundheitsforschung – Devices, Drugs, Data und Diagnostics, den »4D«. Das Teilnehmendenfeld setzte sich aus Doktoranden und jungen Postdocs aus Forschungsinstitutionen (Fraunhofer, Robert-Bosch-Center for Tumor Diseases), Universitätskliniken (Charité, Leipzig, Heidelberg, Würzburg), Universitäten (Paris Lodron University of Salzburg, TU Berlin, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Universität Leipzig, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover Biomedical Research School, Universität Saarland), einer Bundesoberbehörde (PEI) und der Industrie (Miltenyi Biotec, Novartis) zusammen. Innerhalb der vier Tage haben die Teilnehmenden zahlreiche exzellente Vorträge von internen und externen Experten gehört, eigene Projekte gepitched sowie in interdisziplinären Gruppen existierende Probleme diskutiert und Ideen erarbeitet.

 

Tag 1 der Summer School widmete sich dem ersten »D« - Data.

Valentina Eberlein, Doktorandin am Fraunhofer IZI und eine der Sprecherin für das Nachwuchsnetzwerk des Fraunhofer CIMD, sowie die Geschäftsstelle des Fraunhofer CIMD, begrüßten die Teilnehmenden der Summer School und stellten das Forschungscluster und die Ziele der Nachwuchsförderung sowie die einzelnen Programmpunkte kurz vor. Es folgte eine Kennenlernrunde bei der die Teilnehmenden mittels Bingo-Fragenbogen Bereiche aus dem Privaten und Arbeitsalltag untereinander abfragen und austauschen konnten.

Anschließend folgte der erste Vortrag von Prof. Ulrich Dirnagl, Abteilungsleiter der Experimentellen Neurologie an der Charité Berlin, mit einem spannenden Blickwinkel wie (vor-) entscheidend Statistik und die Auswertung von Ergebnissen in der präklinischen Forschung sein kann. Kritisches Augenmerk bekam der p-Wert, insbesondere im Kontext von falsch-positiven und falsch-negativen Ergebnissen sowie Effektgrößen.

Nach einer kurzen Kaffeepause folgte ein Vortrag von Dario Antweiler, Teamleiter Healthcare Analytics am Fraunhofer IAIS, mit interessanten Einblicken in den Bereich des Maschinellen Lernens, dem praktische Nutzen von künstlicher Intelligenz (KI)-basierten Modellen und deren Limitationen.

Der letzte Beitrag des Tages von Dr. Pierre-Nicolas Schwab, Gründer IntoTheMinds, widmete sich der Datenvisualisierung. Hier wurde in einem interaktiven Vortrag an sehr anschaulichen Beispielen demonstriert, welche (Aus)Wirkung und Bedeutung eine gute oder schlechte Visualisierung von Daten hat. Und was „gute“ Datenvisualisierung eigentlich bedeutet.

Zum besseren Kennenlernen untereinander und vernetzen wurde der erste Tag der Summer School durch einen gemeinsamen Barbecue-Abend abgerundet.

 

 

Tag 2 der Summer School widmete sich dem zweiten »D« - Drugs.

Dieser Tag begann mit einem Beitrag von Dr. Tamara Pfaff, Leiterin der Präklinischen Entwicklung bei AiCuris, wobei sie hier den Schwerpunkt auf die Bedeutung der Toxikologie in der Arzneimittelentwicklung legte. Hierbei wurden ICH-relevante Grundlagen und toxikologisch relevante Schritte in der klinischen Entwicklung gleichermaßen angesprochen.

Direkt im Anschluss folgte ein Vortrag von Dr. Ulrich Blache, Projektleiter am Fraunhofer IZI, aus dem Bereich der Zell- und Gentherapieentwicklung. Hier wurden T-Zell-basierte Krebsimmuntherapien und deren Anwendungsspektrum erläutert. Besonders im Fokus lagen in diesem Vortrag die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und deren Modifikation.

Nach einer kurzen Kaffeepause folgte der Vortrag von Dr. Schara Safarian, Leitung Biotherapeutische Wirkstoffe und Protein Design am Fraunhofer ITMP, mit einer Einführung in den Bereich der »proximity inducing drugs«. Nach kurzen Grundlagen (inhibition/degradation) wurden zwei Bereiche genauer betrachtet und in den Kontext der aktuellen Forschung gestellt: intrazelluläre Targets via Ubiquitinierung und Degradierung im Proteosome (Protecs) sowie BioDegs welche aus chemisch modifizierten Antikörper bestehen, die eine lysosomale Aufnahme und Degradation in die Zellen auslösen.

Der abschließende Vortrag von Prof. Gerhard Krönke, Professur für Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité und Leitung der Autoimmundiagnostik, zeigte in einem besonderen Fallbeispiel die Herausforderungen der modernen Therapie im Bereich von immunmediierten Erkrankungen (hier: Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)) und das Potential von innovativen Therapieansätzen an B-Zellen.

Nach der Mittagspause, bei der ebenfalls Zeit für erweiterten Austausch und Networking eingeplant war, wurde als letzter Programmpunkt vor Ort die Projekt-Pitches für die erste Hälfte der Teilnehmenden gestartet. Hier gab es Gelegenheit in aller Kürze Themen und Forschungsbereiche aus dem eigenen Alltag vorzustellen und entsprechend auf die Poster zu verweisen. Im Atrium des Fraunhofer IZI erfolgte direkt im Anschluss die erste Poster Session. Diese ermöglichte nicht nur sich über den eigenen Tellerrand hinweg zu informieren, sondern es kam gleichfalls zu einem regen Ideenaustausch und zur Identifizierung möglicher Kooperationen.

Zum Abschluss des Tages war eine Bustour durch Leipzig geplant, die den Teilnehmenden einen Eindruck dieser geschichtsträchtigen Stadt vermittelte und sicherlich auch schon hier und da Ideen gab, wo man nach Beendigung der Tour den Tag ausklingen lassen könnte.

 

Tag 3 der Summer School widmete sich dem dritten »D« - Devices.

Zu Beginn des dritten Tages der Summer School demonstrierten Dr. Oliver Petters und Dr. Stephan Werk, Miltenyi Biotech, sehr eindrücklich auf welchem Stand sich Systeme zur räumlichen Abbildung von dreidimensionalen Proben von ganzen Tieren oder Organen mittlerweile befinden. Kurze Einblicke in Techniken, die es ermöglichen kleinste Dimensionen durch Permeabilisierung der Proben darzustellen waren nicht weniger eindrucksvoll, wie eine Übersicht von Möglichkeiten automatische Aufnahmen multipler Marker auf Schnitten durch wiederholende Färbung und Bleaching bzw. Abspaltung der Antikörper und Überlagerung der Bilder darzustellen.

Dr. Mania Ackermann, Fraunhofer ITEM, stellte darauf neueste Fortschritte im Bereich der »all-in-one« Bioreaktor-basierten Produktion von Immunzellen für die Forschung vor. Ausgehend von der Bedeutung einer steten Verfügbarkeit von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC)-abgeleitete Immunzellen, wurde mit den Bioreaktoren ein System etabliert, das eine stabile und reine Makrophagenpopulation erzeugt, ohne dass dafür Fütterungszellen oder tierische Quellen benötigt werden.

Dr. Mandy Otto und Maximilian Fuchs, wissenschaftliche Mitarbeitende am Fraunhofer ITEM, demonstrierten im anschließenden Vortrag wie ein effektives »Wissenschafts-Ping-Pong« aussehen kann, indem sie am Beispiel von Lungenfibrose die Entwicklung von siRNA beladenen nanopartikel-basierten Therapien auf Grundlage von bioinformatischem Profiling vorstellten.

Der abschließende Vortrag des »Device-Tages« kam von Dr. Christian Münzenmeyer, Leiter der Abteilung Bildverarbeitung und Medizintechnik am Fraunhofer IIS. Er zeigte auf, wie künstliche Intelligenz (KI) als Wegbereiter für computergestützte Pathologie und intelligente Sensoren fungieren kann, einschließlich grundlegender Schritte in der KI und der Datenanalyse, des Einsatzes in der (digitalen) Pathologie und in der Langzeitüberwachung (Entwicklung und Validierung in einem klinischen Umfeld).

Nach der Mittagspause folgte der zweite Teil der Projekt-Pitches und im Anschluss die zugehörige Poster Session im Atrium.

Der Tag wurde durch einen gemeinsamen Besuch einer Leipziger Lokalität abgerundet.

 

Tag 4 der Summer School widmete sich dem vierten »D« - Diagnostics.

Zu Beginn des vierten und letzten Tags der Summer School stellte Dr. Gregor Hörmann, Münchner Leukämielabor MLL, den Geschäftsbereich von MLL, sowie den Status Quo für automatisierte Prozesse in der Diagnostik vor. Hierbei wurde die automatisierte Verarbeitung, Probenvorbereitung und Lagerung in Gefriereinheiten, sowie Präanalysen und die Rolle der KI für mögliche zukünftige Automatisierung einschließlich Robotik thematisiert.

Der letzte Vortrag der diesjährigen Summer School wurde von Dr. Julien Siebert, Fraunhofer IESE, gehalten und widmete sich der KI-basierte Diagnostik. Nach einem kurzen Hintergrundvortrag was »Künstliche Intelligenz« (KI) eigentlich ist, wurden Ziele wie KI - intelligente Maschinen zu implementieren und die Natur der Intelligenz zu verstehen - sowie mögliche Aufgaben und verschiedene Dimensionen der KI besprochen. Als praktisches Beispiel wurde auf das SATURN-Projekt (Smart Physician Portal for patients with unclear diseases) verwiesen, bei dem mit Hilfe von KI auf der Grundlage von Expertenwissen und echten klinischen Daten Diagnosevorschläge gemacht werden.

Nach der Kaffeepause folgte der letzte Themenblock, bei dem die Teilnehmenden in interdisziplinären Gruppen verschiedene Fragestellungen bearbeiten und konkrete Projektherausforderungen, -probleme und -ideen diskutieren bzw. erarbeiteten sollten.

Insgesamt wurden sechs Projektideen aufgrund folgender Forschungsfragen erarbeitet:

-        Wie wirkt ein gezieltes Verabreichungssystem in einem kontinuierlichen Fluss (kardiale Anwendung)?

-        Kann ein Krankheitsbild definiert werden, das mit mehreren Organkomorbiditäten einhergeht (sich überschneidende Ziele, Verabreichungswege) bspw. im Bereich Chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED), Schuppenflechte (Pso), Kardiomyopathie?

-        Wie kann die Immunreaktion des Wirtes gegen Biotherapeutika durch gezielte Verabreichung verringert werden?

-        Können Phänotypen von Immunzellen in einer organoiden Umgebung charakterisiert werden (Kontext: Auslösung verschiedener immunvermittelter Krankheiten) und wie könnten hier siRNA-basierte Therapeutika oder »organs-on-a-chip« Methoden eingesetzt werden?

-        Können klinisch relevante Informationen von Patienten für Ärzte effizienter (strukturiert) dargestellt werden (Zielzeit 7-10 min pro Patient)?

-        Welche onkogene (RNA-) Viren induzieren Hautkrebs und welche Behandlungsoptionen könnten in einem in vitro Testsystem erprobt werden?

Die Summer School war insgesamt eine gelungene Fortführung der Fraunhofer CIMD Nachwuchsförderung für die Vernetzung und Zusammenarbeit der Nachwuchswissenschaftler aus unterschiedlichsten Institutionen über ihre aktuellen Projekte und Themenbereiche hinaus. Das Forschungscluster bedankt sich herzlich bei allen Referentinnen und Referenten für die spannenden Impulse sowie den Teilnehmenden für ihre vielfältigen Projekteinblicke und aktive Beteiligung.